Unternehmensfinanzierung mit Zins-Tücken
Die Inflation geht langsam zurück, die Konjunktur kommt langsam in Schwung. Parallel dazu wird auch der Finanzierungsbedarf von Unternehmen wieder anwachsen. Wer dafür auf bald deutlich sinkende Zinsen setzt, dürfte aber auf dem falschen Fuß erwischt werden.
Die Inflationsraten sinken in der Eurozone und in Deutschland - und dennoch zerschlagen sich gerade bei einigen die großen Zinssenkungshoffnungen. In der Eurozone ist die Inflationsrate auf 2,4% zurückgegangen, in Deutschland auf 2,2%. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte darum im Sommer den Leitzins leicht absenken.
Unternehmen sollten sich aber nicht darauf einstellen, dass die Leitzinsen zügig und weit nach unten geschleust werden. Denn die Preisdynamik ist noch längst nicht spürbar gebremst. Der Rückgang der aktuellen Inflationsrate überdeckt ohnehin, dass die aktuellen Preissteigerungen dem drastisch erhöhen Niveau aufsatteln, das im vorigen Jahr erreicht wurde (Basiseffekt). Darum haben viele Verbraucher die korrekte Wahrnehmung, dass die die Preise nach wie vor sehr hoch sind.
Inflationsrückgang läuft aus
Die Aufwärtsdynamik bei den Preisen ist nicht gebannt. Das zeigt sich bei der Inflationsmessung in einzelnen Teilsegmenten (z.B. Dienstleistungen). Aber auch die anziehenden Rohstoffpreise (Industriemetalle, einige Agrarrohstoffe) werden neuen Preisdruck nach oben auslösen. Die Kerninflation in Deutschland ist mit 3,3% nach wie vor hartnäckig hoch. Der am Arbeitsmarkt erzeugte Preisdruck durch stattliche Lohnerhöhungen wird die Inflationsrate ebenfalls dauerhaft hoch halten.
Unternehmen sollten darüber hinaus nicht unterschätzen, dass die Kreditkonditionen auch bei einem sinkenden Leitzins hoch bleiben dürften. Einerseits erwarten wir, dass die EZB die Leitzinsen höchsten in zwei Schritten um insgesamt 50 Basispunkte senken wird. Am kurzen Ende gibt es daher nicht viel Zinsspielraum nach unten.
Renditen bleiben konstant
Am langen Ende dürften die Renditen nahezu konstant bleiben. Den aktuellen Rückgang der Inflation haben die Märkte bereits eingepreist. Die "letzte Meile" wird aber zäh und langwierig. Hinzu kommt, dass es seitens der Finanzmärkte einen wachsenden Druck geben wird, das Risiken angemessen verzinst werden. Angesichts der wachsenden Staatsverschuldung und der hohen Kreditnachfrage der Staaten werde Schuldner Anlegern gute Renditen bieten müssen. Wenn die EZB dann noch versucht, ihr gigantisches Anleiheportfolio zu reduzieren, fällt sie auch noch als Käufer von Anleihen weg.
Das Finanzierungsumfeld bleibt für Unternehmen ohnehin anspruchsvoll. Die Banken selektieren angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten weiter streng zwischen Branchen und Größenklassen. Zwar hellt sich die Stimmung in den Unternehmen im Frühjahr etwas auf. Die damit vermutlich einhergehende wachsende Kreditnachfrage trifft auf eine konstant hohe Kredithürde bei Banken.
Fazit: Die Zinserwartungen sollten nicht zu stark nach unten gerichtet sein. Am kurzen Ende wird es in Richtung Sommer leicht abwärts gehen. Für das lange Ende ist das unsicher. Eine wachsende Kreditnachfrage wird auf verhalten freigiebige Banken treffen.