Fed im Stagflations-Dilemma
Das Dilemma der US-Notenbank wird anhand der jüngsten Zahlen immer offensichtlicher. Von den hochfliegenden Hoffnungen auf viele schnelle Zinssenkungen (es war mal von sieben Schritten nach unten die Rede) ist nicht mehr viel übrig. Zuletzt war der Markt mehr oder weniger einig, dass die Fed zumindest noch zwei Zinssenkungen im Jahr 2024 gehen wird. Einige Beobachter hatten aber schon gewarnt, dass die US-Notenbank sogar gezwungen sein könnte, die Zinsen anzuheben, wenn die Wirtschaft weiter so stark bleibe.
Die aktuellen Wirtschaftsdaten der USA zeigen an, dass die US-Geldhüter zwischen "Baum und Borke" sitzen. Das BIP ist im ersten Quartal nur schwach gestiegen. Es legte gerade noch um 1,6% zu. Im vorigen Quartal lag der Zuwachs noch bei 3,4%, erwartet worden war ein Plus von 2,5%. Das zeigt: Die Zinserhöhungen der US-Notenbank wirken, die Wirtschaftsdynamik lässt spürbar nach.
Konjunktur runter, Preise rauf
Das Problem der Fed ist, dass die Inflation dennoch hoch bleibt - und zuletzt sogar wieder gestiegen ist. Der US-Preisindex ist auf den höchsten Stand seit einem Jahr gestiegen. Vor allem die Kerninflation ist robust. Daran wird sich so bald auch nichts ändern. Der Arbeitsmarkt signalisiert weiter eine hohe Nachfrage nach Arbeitskräften. Das stützt die Löhne (FD vom 19.4.). Auch die Unternehmen reagieren darauf. Eine Umfrage der NFIB unter kleinen und mittleren Unternehmen bestätigte einen anziehenden Preisdruck.
Für Anleger bleibt der Dollar damit voraussichtlich auch in den nächsten Wochen eine Hochzins-Währung. Ein Blick auf den Anleihemarkt untermauert die Attraktivität des Greenback. Die Rendite der 10-jährigen Anleihen liegt weiter über 4,6% p.a. Das sind über 200 Basispunkte mehr als bei der deutschen Benchmark-Anleihe. Und diese Differenz dürfte noch größer werden, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) womöglich erstmals in ihrer Geschichte vor der US-Notenbank aktiv wird (Zinssenkung).
Dollar bleibt stark
Der US-Dollar wird vor diesem Hintergrund stark bleiben. Der jüngste Rücksetzer in Richtung 1,07 EUR|USD dürfte nur eine kurzfristige Reaktion auf die schwächelnden BIP-Daten sein. Wenn die Märkte verstehen, dass diese Schwäche nicht bedeutet, dass die Fed die Zinsen senken wird, dann wird der Greenback neuen Schwung holen. Dann ist auch der Sprung über 1,06 und ein Schub in Richtung Euro-Parität nicht ausgeschlossen.