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Entwertung und Zuarbeit – darauf läuft es hinaus

Die gesetzliche Rente: Sanierung ohne Reform

FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. © Foto: Verlag FUCHSBRIEFE
Nachhaltigkeit, schön wär’s. Was die deutsche und europäische Politik mit einer gewissen Hybris beim Klima anstrebt, ist für die europäischen Sozialsysteme, das deutsche insbesondere, nicht mehr möglich. Der Kipppunkt ist überschritten. Was jetzt noch geht, skizziert FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber in seinem "Standpunkt".
Die Politik ist mit der Rente fahrlässig umgegangen. Denn das zugrundeliegende demografische Problem ist seit Beginn der 1970er Jahre bekannt. Seitdem glänzt die Politik nicht durchgehend, aber weitgehend durch Unterlassen. Die schlimmsten Fehler wurden in den unseligen Merkel-Jahren begangen. Hier wurde vor allem der psychologische Trend, den der SPD-Kanzler-Schröder mit seinem Arbeits- und Sozialminister Franz Müntefering, ebenfalls SPD, eingeleitet hatte, gebrochen. Er zielte auf mehr Selbstvorsorge und machte den Leuten klar, dass sie aus dem staatlichen Topf künftig weniger würden erwarten können. Das wurde 2014 mit der „Rente mit 63“ und dem Aussetzen des Nachhaltigkeitsfaktors erledigt.

Vor allem seitdem die große Einwanderungswelle mit ihren gewaltigen Sozialleistungen läuft, sind Rentenkürzungen nicht mehr vermittelbar. Doch ein Rentenniveau von 48% des Durchschnittseinkommens ist dauerhaft nicht finanzierbar. Machen wir weiter wie bisher, brauchen wir für das, was nicht beitragsäquivalent ist in den Sozialbudgets, deutlich mehr Steuern. Dann steigt der Steueranteil für Sozialleistungen nach den Berechnungen des Freiburger Ökonomen und Generationengerechtigkeitsforschers Bernd Raffelhüschen von 20% auf etwa 27%. Um die Lücke zwischen Lohnsummenentwicklung und Rentenausgaben zu schließen, steigt nach neusten Berechnungen des Flossbach von Storch Research Instituts (FvS) die jährliche Belastung für jeden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von heute 10.400 EUR auf 18.500 EUR im Jahr 2035.

Auf Dauer gesellschaftlich untragbar

Die Folge: Die GRV ist (wie unser gesamtes Sozialleistungssystem) in der jetzigen Konstellation auf Dauer gesellschaftlich untragbar. Sie bleibt zudem auch nach dem jüngsten Reförmchen immer noch unfair in gleich mehrerlei Hinsicht:

  • gegenüber den jüngeren Jahrgängen ab 1987. Sie sind rechnerisch die Verlierer des Sozialabgaben-Systems. Die Folge wird sein, dass sich vor allem gut ausgebildete junge Menschen vom Rentensystem abwenden. Sie bekommen auf ihre Beiträge keine Verzinsung, bestenfalls noch die integrierten Versicherungsleistungen bei Erwerbsminderung oder Schwerbehinderung.
  • gegenüber denen, die Kinder großgezogen haben, insbesondere Vollzeitmüttern. Denn das Problem des Rentensystem ist die generelle Kinderlosigkeit von Frauen (und Männern). Die durchschnittliche Kinderzahl je Mutter schwankte in den letzten fast vier Jahrzehnten nur leicht um den Wert von 2,0 Kindern. Deutlich höhere Abschläge für Kinderlose wären somit angezeigt.
  • gegenüber Geringverdienern, die kaum Rentenansprüche erwerben konnten, insbesondere seit der Staat relative großzügige Grundleistungen verteilt, für die keinerlei Beiträge aufgebracht werden mussten.
  • Auch zwischen Männern und Frauen gibt es mehrere Ungerechtigkeiten. Frauen haben durch Mutterschaft und andere Umstände oft weniger Beitragspunkte. Dafür leben sie deutlich länger als Männer und beziehen somit länger Rente. Das könnte man innerhalb des Systems noch als „gerechten Ausgleich“ ansehen.

Warum eine grundlegende Reform nur noch theoretisch möglich ist

Grundsätzlich ist die gesetzliche Rente jetzt schon viel zu gering, um davon halbwegs auskömmlich zu leben. Betriebsrenten bekommen Menschen in kleinen und mittleren Unternehmen oft gar nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß. Die Zuverdienstgrenze wurde zwar zu Beginn des Jahres 2023 aufgehoben. Doch die Besteuerung von Hinzuverdiensten ist (mit Steuerklasse VI) prohibitiv.

Eine rettende Reform ist zwar theoretisch möglich, aber nicht mehr praktisch. Eine grundlegende Reform müsste eher heute als morgen erfolgen. Doch die Ampelkoalition hat das Thema für sich abgehakt. Die nächsten Wahlen sind 2025. Vor dem Frühjahr 2026 wird also nichts passieren. Und das ist schon fast zu spät. Denn, so Bernd Raffelhüschen, „wenn wir die Jahrgänge 1965,66,67 in Rente haben, können wir nichts mehr tun“.

Deadline läuft 2030 ab

Die „Deadline“ fürs gesetzliche Rentenversicherungssystem läuft somit um 2030 ab. Bis dahin kann die Politik noch ins System „schneiden“. Doch je später der Schnitt erfolgt, desto tiefer muss er ausfallen, um noch etwas zu bewirken. Merke: Solange ein Rentenbescheid nicht ergangen ist, hat kein Rentenbezieher einen rechtlichen Anspruch auf Vertrauensschutz. Das heißt: Die Politik kann noch erheblich in die Lebensplanung eingreifen. Das wird sich rumsprechen. Dieses „Damoklesschwert“ wird langjährig Versicherte, die ihren 63. Geburtstag feiern, in die Rente mit Abschlägen treiben – das Gegenteil also von dem, was geboten wäre.

Raffelhüschen wünscht sich ein Renteneintrittsalter mit 70. Aber das ist politisch naiv. Jede „rettende“ Reform läuft inzwischen auf ein politisches Todesurteil hinaus. Egal, an welchem Ende man jetzt zieht, schafft die Politik neue Ungerechtigkeiten und vertreibt entweder Beitragszahler oder Wähler (Rentner). Gleichzeitig wächst die Neigung zu populistischen Versprechen – wie sie zuletzt die Ampel mit ihrer Nicht-Reform gemacht hat!

Berufspolitiker sind vom Wähler "erpressbar"

Heutige Berufspolitiker sind abhängiger denn je von ihrem Parlaments-Job. Zahllose Abgeordnete verdienen im Bundestag (oder einem Landtag) mehr als sie in ihren zivilen Berufen verdienen könnten; wenn sie überhaupt jemals einen ausgeübt haben. Hinzu kommt ihr Altersversorgungs-Privileg, das sie eher wie Beamte als wie gesetzlich Versicherte behandelt. Kurz: Sie kleben an ihren Sesseln. Und sind somit vom Wähler „erpressbar“.

Das Argument des steigenden Lebensalters greift derzeit nicht. Im Vergleich der Sterbetafeln 2017/2019 und 2020/2022 ist die Lebenserwartung bei Geburt sogar etwas zurückgegangen. Ob sich der alte Trend, der während der Coronajahre gebrochen wurde, wieder fortsetzt, ist noch ungewiss. Hinzukommt: Im Alter zählt jedes Jahr doppelt. Was man mit 65 noch unternehmen kann, kann man mit 75 nicht mehr unbedingt. Für viele läuft ein höheres Renteneintrittsalter somit auf eine faktische Rentenkürzung hinaus.

Jetzige Zuwanderung ist kontraproduktiv

Die Zuwanderung in Deutschland, so wie sie heute abläuft, hilft nicht; sie verschlechtert finanziell die Situation. Denn vor allem die Zahl junger Migranten ohne Qualifikation steigt. Deutschland nimmt bei dieser Negativentwicklung unter der OECD-Ländern eine Schlussposition ein. Zuwanderung wäre nur dann ein scharfes Schwert, wenn wir uns endlich dazu durchringen würden, konsequent nach Qualifikation zu steuern.

Ein weiterer Weg wären enorme Produktivitätssteigerungen, wie wir sie allerdings seit Jahrzehnten nicht gesehen haben.

Es kommt die kalte Reform

Wird die gesetzliche Rente also abgeschafft? Ganz sicher nicht. Wie also wird die Rente saniert? Ja, aber ohne Reform über die Geldentwertung. FvS konstatiert: „Bei einer Inflation von 3,25 Prozent benötigen wir kein reales Wirtschaftswachstum. Löhne und Renten steigen mit der Inflation, die realen Lohnstückkosten bleiben konstant und der Plan der Bundesregierung erfüllt sich bis 2035 scheinbar ohne größere Probleme.“ Die Politik hat es vergeigt, die EZB wird es richten. Nicht nur für Deutschland, auch für die anderen vorwiegend südeuropäischen Länder (Frankreich, Italien, Spanien). Sie wird die Inflationsrate über 2% laufen lassen.

Viele werden die Rente als Ruhestandsbasis betrachten und dann noch hinzuverdienen (müssen). Eine weitere steuerliche Besserstellung (weg von der prohibitiven Steuerklasse VI) von Einkünften im Ruhestand könnte also auch dem System sowie dem Arbeitsmarkt insgesamt helfen.

Doch wer als junger Mensch klug ist, entzieht sich dem System: als Beamter, Selbständiger, Auswanderer – oder er geht in die Politik, meint Ihr Ralf Vielhaber
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