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Schleicht sie noch oder trabt sie schon?

Inflation 2.0

Euro-Münzen. Copyright: Pixabay
In unserer Weihnachtsausgabe vor einem Jahr äußerten wir die feste Erwartung, dass das I-Wort 2021 wieder breit in die öffentliche Debatte Einzug halten würde. Ein Jahr später hat sich dies bewahrheitet. Das I-Wort bestimmt sogar die Debatte. Nun ist die Frage, mit welcher Inflation es weitergeht: Schleicht sie nur oder trabt sie schon?

3% sind das neue 1%. Vor einem Jahr war unter Volkswirten die Auffassung weit verbreitet, die Preissteigerungsrate werde 2021 bei etwa 1% liegen. Noch Ende März rechnete der EZB-Stab für 2021 mit einer Jahresdurchschnittsrate von 1,5% im Euroraum. Für 2022 hat sich allgemein die Erwartung eingependelt, die Geldentwertung werde übers Jahr gesehen bei etwa 3% liegen. Das dürfte zu gering geschätzt sein.

Die Inflationsdämpfer

Eine zentrale Rolle für die relativ gemäßigten Prognosen – gemessen an der jüngsten Rate von 4,9%  im Euroraum – spielt die Mehrwertsteuer: Im Januar fallen die vorübergehende Senkung des Mehrwertsteuersatzes in Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 und die große Erhöhung der deutschen CO2-Steuern im Januar 2021 aus dem Vorjahreswert heraus. Darauf weist Holger Schmieding, Chefvolkswirt von Berenberg, hin.

Hinzu kommt die Erwartung wieder sinkender Energiepreise. Diese Basiseffekte machten summa summarum etwa 1,5 Prozentpunkte aus.

Offene Fragen

Doch es gibt viele Unsicherheiten und offene Fragen.

  • Wie stark nistet sich unter den Konsumenten eine Preissteigerungserwartung ein? Ziehen sie deshalb Käufe vor und heizen die Nachfrage an? Befördern sie damit den Inflationstrend, dem sie zuvorkommen wollen?
  • Werden die Gewerkschaften in den Lohnrunden die Preis-Lohnspirale anheizen? Denn sie beziehen ja auch das inzwischen erreichte Preisniveau in ihre Überlegungen mit ein, nicht nur die laufenden Steigerungsraten.

FUCHSBRIEFE beantworten beide Fragen klar mit ja.

Löhne und Preise als Inflationstreiber

Vor allem bei den Löhnen erwarten wir kämpferische Gewerkschaften. Die Kaufkraftverlust der Löhne lag bereits im zurückliegenden Jahr bei annähernd 2%. Im nächsten Jahr, schätzt das ifo Institut, kommt locker ein weiterer Prozentpunkt hinzu. Hier werden die Arbeitgebervertreter auf einen Ausgleich + x pochen. Und sich nicht auf längerlaufende Vertragslaufzeiten einlassen.

Deutliche Hinweise gibt es darauf (Umfrage ifo-Institut), dass die Unternehmen die enormen Preissteigerungen bei Vorprodukten von derzeit 14% bis 20% in Europa an die Endverbraucher mindestens teilweise weitergeben werden. Sie resultieren insbesondere auch aus den Lieferknappheiten, die sich 2021 eingestellt haben. Nach Recherchen der FUCHSBRIEFE halten diese länger an als von den Wirtschaftsforschern meistens angenommen wird. Frühestens im 2. Halbjahr wird sich die Lage entspannen.

Die importierte Inflation

Zudem wird über den im Außenwert gesunkenen Euro kräftig Inflation importiert, und zwar da, wo es richtig weh tut: Bei der Energie, die die EZB gerne beiseite schiebt und lieber die Kerninflation zur Kenntnis nimmt. Energie (Öl, Gas) wird in Dollar bezahlt. Ein stark gesunkener Euro-Wechselkurs zum Dollar (aktuell: 1,13), wie er gerade im Herbst 2021 Fahrt aufgenommen hatte, ist in diesem Winter ein Inflations-Turbo.

Die grüne Inflation

Hinzu kommt die grüne Inflation. Sie ist Ausfluss der deutsch-europäischen Energiepolitik. Diese treibt die Preise für die derzeit noch weitgehend alternativlosen fossilen Brennstoffe bewusst in die Höhe, um den Verbrauch zu verringern und umzusteuern. Die Bundesbank beziffert die Effekte für 2022 auf 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte. Aber die psychologischen Effekte sind im Zusammenhang mit dem allgemeinen Preisauftrieb viel durchschlagender. Der Verbraucher wird die Effekte im Kopf nicht trennen.

Wenig logisch ist auch die Vorstellung, dass ausgerechnet in einem Jahr der konjunkturellen Aufholprozesse und der konsumtiven Nachholprozesse wie 2022 die Preise deutlich zurückgehen könnten. In Europa beträgt das "außerordentliche Sparvermögen" aufgrund Konsumzurückhaltung während der Pandemie rund 12%. das ist zwar weniger als in großbritannien

Fazit: Aus Sicht von FUCHSBRIEFE spricht mehr für eine Inflationsrate von 3+X als von 3-X im Jahr 2022. Sie „schleicht“ also weiter, wird nur temporär in Trab verfallen, auch wenn das viele, deren Wohlstand damit bereits spürbar schwindet, als Euphemismus ansehen werden. Das wird die Vermögenspreise weiter anheizen und das gesellschaftliche und politische Klima belasten.

Hinweis: In unseren Geldanlagebuche "Anlagechancen 2022 – Gezeitenwechsel" haben wir die Chancen und Risiken der neuen Infaltionsära für Ihre Deldanlage ausführlich behandelt. Das Buch erhalten Sie in unserem Webshop auf fuchsbriefe.de

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